Dissoziative Störungen mit neurologischen Symptomen, zunehmend auch als funktionelle neurologische Störungen (FNS, früher: Konversionsstörungen) bezeichnete Erkrankungen sind häufiger als viel zu oft noch vermutet und medizinisch relevant, zumal in Neurologie und Neurorehabilitation. Im klinischen Alltag werden sie freilich häufig übersehen und/oder nicht verstanden, verharmlost oder stigmatisiert. Langjährige Behandlungsodysseen und unnötig chronifizierende Krankheitsverläufe sind ein geradezu typisches Merkmal. Schon das Ringen um eine vermeintlich zweifelsfreie Zuordnung als entweder körperlich oder psychisch sorgt dafür, dass Betroffene immer wieder ratlos oder genervt weggeschickt bzw. rasch weiter überwiesen werden. Weil es sich sowohl auf Symptom- als auch auf Funktions-Ebene um Krankheitsbilder im Grenz- und Übergangsbereich somatischer und psychischer Erkrankungen handelt, erfordern FNS stattdessen eine multimodal gestaltete – transdisziplinär integrierte – Versorgung, die medizinischen und psychosozialen Erfordernissen wie aus einer Hand Rechnung trägt.
Aufbauend auf einem Überblick über die epidemiologischen Daten und auf einer Darstellung der typischen klinischen Bilder wird ein pragmatisches klinisches Behandlungsmodell vorgestellt, das die Einseitigkeit des weiterhin verbreiteten „Entweder-oder“ in ein differenziertes „Sowohl-als-auch“ überführt. Und sowohl fachspezifisch wie team-übergreifend ein klinisches Verstehen und Vorgehen erlaubt, das medizinische, neurologische und psychiatrisch-psychosomatische, funktions- und komplementärtherapeutische, neuropsychologische und psychotherapeutische Maßnahmen in eine integrative, in sich stimmige Intervention zu bündeln vermag. Das bedeutet etwa für die Funktionstherapien, die eigenen Interventionen so in einen Kontext mit Edukation, Erkennen und Umlernen zu stellen, dass Betroffene eigene Spielräume im Umgang mit ihren Symptomen erfahren und nutzen lernen, und ihre verloren gegangene, hilfreiche Beziehung zum eigenen Körper wieder finden.
Die Veranstaltung richtet sich an alle therapeutisch Tätigen. Illustriert durch – gemeinsam analysierte – Videopräsentationen klinischer Fälle werden, unter Berücksichtigung der Erfordernisse und Ressourcen der je beteiligten Berufsgruppen, interaktiv und praxisnah Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die Teilnehmer:Innen den Weg zu einer zugleich fachspezifisch differenzierten wie fachübergreifenden Diagnostik und Therapie im eigenen klinischen Alltag eröffnen. Eine Vorstellung eigener (Problem-)Fälle von Seiten der Teilnehmer:Innen, die gemeinsam bearbeitet werden, ist möglich.